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Simone Götz
23. April 2025

Wenn Formulare zur Herausforderung werden

«Match Between the System and the Real World» ist eine der Heuristiken nach Jakob Nielsens «10 general principles for interaction design». Die Regel besagt, dass das Interface oder die Interaktion der realen Welt, also der Situation ausserhalb der digitalen Anwendung, entsprechen soll.

Befolgen wir diese Regel, wird die Anwendung für die Nutzenden intuitiver. Es gibt weniger Eingabefehler und Aufgaben können schneller erledigt werden. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass Nutzer:innen ein gutes Gefühl bekommen und sich nicht von der Software bzw. der Anwendung bevormundet fühlen.

Was für uns logisch erscheint, zeigt sich in der Realität leider nicht immer so.

Das Vorname/Nachname-Dilemma

Ein bekanntes Beispiel findet sich sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt: Wir müssen unsere persönlichen Daten eingeben. In Feld 1 wird nach dem Namen gefragt, und wir beginnen intuitiv mit unserem Vornamen. Kaum haben wir die ersten Buchstaben geschrieben, sehen wir, dass das zweite Feld nach dem Vornamen fragt. Im digitalen Formular ist der Fehler schnell behoben, im analogen müssen wir mit dem Kugelschreiber eine sichtbare Korrektur vornehmen. In beiden Fällen entsteht das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, und je nach Persönlichkeit ärgern wir uns über uns selbst oder über das Formular.

Ein Gefühl, das wir den Nutzer:innen auf keinen Fall vermitteln wollen.

Formulare zur Eingabe von persönlichen Daten bieten weitere Usability-Fallen und decken schnell regionale Eigenheiten auf. Wurde ein Formular nicht für den regionalen Markt angepasst und die Reihenfolge von Postleitzahl und Ortsname vertauscht, büsst es an Vertrauen ein. Dies lässt Nutzer:innen zweifeln, bei welchem Dienst genau sie ihre Daten eingeben.

Abbildung von aktuellen Formularen mit falsch angeordneten Eingabefeldern
Aktuelle Formulare mit falsch angeordneten Eingabefeldern

Unnötige Eingabefelder

Ein weiteres Ärgernis bei der Angabe von Personalien ist die Fülle an abgefragten Informationen. Unabhängig von der aktuellen Genderdebatte stellt sich die Frage, wozu der Formularersteller die Anrede „Herr/Frau/Divers" überhaupt benötigt. Welcher konkrete Anwendungsfall erfordert diese Information? Ähnliches gilt für die Telefonnummer bei Online-Bestellungen. Eine Lösung wäre, nur die Felder als Pflichtfelder zu kennzeichnen, die für die Bearbeitung der Anfrage oder Bestellung wirklich erforderlich sind. Dies führt allerdings zur logischen Frage: Warum nicht gleich ganz auf die optionalen Felder verzichten und den mentalen Workload reduzieren?

Die User in den Mittelpunkt stellen

Mit einfachen Mitteln kann diesem Stolperstein entgegengewirkt werden. Betrachte die Anordnung in der realen Welt und übernimm diese in das Formular. Frage dich bei jedem Eingabefeld, was genau der Hintergrund ist und wieso dies relevant für den weiterem Ablauf ist. Willst du ganz sicher sein, lohnt es sich die Nutzenden zu befragen.

Übrigens ändern sich Abläufe in der realen Welt auch immer wieder. So haben die Personenangaben ihren Ursprung in einer Zeit, als man sich Fremden hauptsächlich mit dem Nachnamen vorstellte und manchmal noch den Vornamen als Zusatz anfügte.

Die Welt ändert sich, und die Anwendungen sollten es ihr gleichtun.