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Jürgen Baumgartner
23. November 2018

Dark Patterns

Wenn wir als Interface Designer GUI’s (Graphical User Interfaces) gestalten, steht der Nutzer im Zentrum. Unser Ziel besteht darin, seine Arbeit zu erleichtern und im Sinne einer guten Usability einen effektiven, effizienten und zufriedenstellenden Workflow zu kreieren. Dabei stützen wir uns auf Guidelines, Heuristiken und Best-Practices, um ein möglichst konsistentes und reibungsloses Erlebnis zu gestalten (z.B. Usability Heuristiken von Nielsen). Wir benutzen Interface-Elemente, die für den Nutzer möglichst einfach und verständlich sind.

Es gibt aber auch “böse“ Interface Designs, die einen eher dunklen und manipulativen Charakter besitzen. Diese sogenannten Dark-Patterns bezeichnen den absichtlichen Gebrauch einer Reihe von Interface-Komponenten, die mit einem spezifischen Ziel eingesetzt werden: nämlich den Nutzer gegen sein Interesse dazu zu bringen, Aktionen auf einer Benutzeroberfläche auszuführen. Vielfach bleibt dem Nutzer dann nur dieser eine Weg ans Ziel zu kommen. Der Dark-Pattern Designer nutzt dabei gekonnt sein Wissen über Design, menschliches Verhalten und Wahrnehmung, um den Endnutzer auf möglichst subtile Weise zu beeinflussen.

Der Begriff Dark-Patterns stammt nicht von Star Wars, sondern wurde von Harry Brignull im Jahre 2010 eingeführt. Seitdem hat das Thema Fahrtwind aufgenommen und zu vielen Diskussionen, Online-Beiträgen, und auch in der Wissenschaft Einzug gefunden. Dies hat dazu geführt, dass Dark-Patterns in systematischer Art und Weise  analysiert wurden. Eine solche Klassifikation wurde von Gray und Kollegen (2018) aufgestellt, welche auf einer Einteilung von Brignull basiert. Hier wird zwischen fünf grundlegenden Dark-Patterns Strategien unterschieden, welche wiederum weitere Untertypen umfassen. Die fünft Strategien sind:

Im Folgenden werden diese fünf Strategien im Detail erklärt.

1. Nagging

Hier geht es um wiederkehrende Unterbrechungen der Primäraufgabe durch z.B. einen modalen Dialog, der die Interaktion unterbricht und eine Entscheidung bezüglich einer anderen Aktion verlangt. Nagging beinhaltet z.B. das Aufpoppen eines modalen Dialogs, der die Benutzeroberfläche verdeckt, oder ablenkende Audiomeldungen, die den Fokus des Nutzers behindern.

Beispiel: Dieser Dialog fragt in regelmässigen Abständen nach, Benachrichtigungen zu aktivieren. Das besonders nervige daran, dem Nutzer wird keine Möglichkeit geboten, diesen Dialog permanent zu unterdrücken.

Bild von Gray et al. (2018)
Beispiel und Bild von Gray et al. (2018)

2. Obstruction

Obstruction bedeutet die Behinderung eines Aufgabenflows. Dabei wird die Interaktion absichtlich erschwert, um Nutzer beispielsweise von einer Aktion abzubringen oder abzuhalten.

Beispiel: Von Newsletter abmelden. Anstatt dass ein Abmeldelink angeboten wird, welcher mich mit einem Klick von der Mailinglist streicht, werde ich (1) auf die Webpage verwiesen, auf welcher ich mich (2 & 3) zuerst anmelden muss (ja, ich kenne ja meine 50 Passwörter alle auswendig). Nach erfolgter Anmeldung auf der Webpage bin ich dann auf der Startseite (4) und muss die Option suchen, die mich aus der Mailingliste entfernt.

3. Sneaking

Beim Sneaking handelt es sich um den Versuch, bestimmte Informationen zu verbergen oder zu einem späteren Zeitpunkt darzubieten. Dahinter steht die Absicht, Nutzer zu einer Aktion zu verleiten, die sie mit Einbezug aller Informationen nicht gemacht hätten.

Beispiel: Auf der Seite QR-Code Generator lassen sich QR-Codes erstellen für verschiedene Zwecke erstellen. Statische QR-Codes können auch nach einer 14-tägigen Testphase weiterverwendet werden, dynamische QR-Codes jedoch nicht. Diese Information steht zwar auf der Hilfeseite, jedoch ist die Unterscheidung beim Erstellen eines QR-Codes kaum sichtbar (Bild links). Auch auf der Übersicht (Bild rechts) wird das Wording statisch vs. dynamisch nirgends gebraucht. Wenn also ein dynamischer QR-Code schon in Verwendung nach Ablauf der 14 Tage, bleibt einem nichts anderes übrig als sich für ein kostenpflichtiges Abonnement anzumelden.

4. Interface Interference

Hier geht es um jegliche Manipulation des User Interfaces, bei welcher bestimmte Aktionen gegenüber anderen bevorzugt dargestellt werden, oft auch in Kombination mit verwirrendem Wording wie doppelter Verneinung und dergleichen.

Beispiel: Hier muss der Nutzer aktiv ankreuzen, wenn keine Marketing-Mails bekommen möchte, und das sogar zweimal, ansonsten bekommt er einfach diese Mails (automatic opt-in). Als Nutzer kennt man aber eher das gegenteilige Pattern, d.h. dass man aktiv abwählen muss, um keine Mails zu bekommen.

Beispiel und Bild von Interaction Design Foundation/fairUse
Beispiel und Bild von Interaction Design Foundation/fairUse

5. Forced Action

Bei Forced Actions wird der Nutzer gezwungen, eine bestimmte Aktion auszuführen, um eine bestimmte Funktionalität nutzen zu können. Diese Forced Actions erscheinen dann als notwendiger Schritt, um einen Prozess abzuschliessen oder sie werden mit dem Vorwand der verbesserten User Experience getarnt.

Beispiel: Windows 10 zwingt die Nutzer beim Neustart dazu, Updates direkt zu installieren. Nutzer haben beim Neustart keine (einfache) Möglichkeit, das Update zu einem späteren Zeitpunkt oder gar nicht zu installieren.

Beispiel von Gray et al. (2018)
Beispiel von Gray et al. (2018)

Fazit

Dark-Patterns begegnen uns beinahe täglich. Einige blenden wir gekonnt aus, bei anderen fliegen wir jedes Mal wieder darauf rein. Sie werden aus verschiedenen Beweggründen eingesetzt, z.B. um Newsletter Subscriptions zu erhöhen, Nutzer zum Kauf von zusätzlichen Optionen zu verleiten, Nutzer auf die gleiche Software-Version zu zwingen, die Zustimmung für die Weitergabe von persönlichen Daten zu bekommen, etc. Viele dieser Patterns bewegen sich rechtlich in einer Grauzone, d.h. solche Methoden werden ohne rechtliche Konsequenzen weitergeführt und wenn es die „grossen“ Firmen vormachen, ziehen die „Kleinen“ nach. Auch wenn solche “unlauteren” Mittel kurzfristig Erfolg versprechen, haben sie nichtsdestotrotz  auch ihren Preis, nämlich unzufriedene Kunden. Und das lohnt sich längerfristig nicht.

Quellen