Die Zukunft von UX ist strategisch - Notizen zur UX Nordic in Aarhus
Die UX Nordic ist eine grosse UX Konferenz in Aarhus. Ich konnte bei der diesjährigen Durchführung remote teilnehmen. Hier ein paar Notizen und Insights.
UX wartet draussen, bis die anderen entschieden haben
Wer an UX-Konferenzen geht, sieht zwischendurch einen Talk von Andy Budd. Während andere über UX-Methoden, Barrierefreiheit und User Testings sprechen, wird auch der Mitgründer von Clearleft nicht müde zu betonen, dass die Disziplin UX generell an sich arbeiten muss. So auch in Aarhus im Talk “Bridging the divide”. Im sich verändernden Umfeld sei UX unter Druck.
Eine kleine Geschichtslektion zeigt die Unterschiede von den Anfängen der Digitalisierung, wo UX und Visual Design zusammen die Hoheit über die Gestaltung von Interaktion und Patterns übernommen hat. Heute sei vieles standardisiert - die Beantwortung der Frage, ob ein Select oder ein Radiobutton verwendet werden soll, ist weder kreativ ansprechend, noch gut eingesetztes Budget für einen Usability-Test. Best Practices, Design Systems, Pattern Libraries – generell die Standardisierung der Interaktion zusammen mit immer komplexer werdenden Produkten führ(t)en dazu, dass UXler die Hoheit über Produkte an Product Owner verloren haben.
Wenn UX in ein Projekt reinkommt, so sind die interessanten Überlegungen vielfach bereits gemacht - es gibt ein Formular zu polieren oder eine Anmeldemaske zu verbessern. Die Strategie, oder die “grossen Probleme” sind bereits gelöst und entschieden. UX muss sich verändern, um wieder relevant zu sein.
Big Picture-Denken
Ins gleiche Horn bläst Michael McKay (Building user centric experiences), wenn auch weniger dramatisch. Um wirksam zu sein, organisiert er sich in Projekten stets in einem Team mit einem Technologie- und einem Business-Lead und nicht nur als Schnittstelle oder Auftragsempfänger. Designer sind für ihn “Transformation Agents”, denn wirksames UX bringt Veränderungen in Abläufe und Organisation. Wer nicht inkrementell verbessert, aber radikal (Beispielsweise Verbesserung mit Faktor 10 statt Verbesserung um 10%) muss auch immer das Business radikal mit transformieren. Gleichzeitig haben alle Veränderungen in dieser Grössenordnung immer Auswirkungen auf Nutzer:innen - sei es Kund:innen oder Mitarbeiter:innen.
Und auch in Jared Spool’s Beitrag (Moving from tactical to strategic UX) wird betont, dass sich UX wegbewegen soll von taktischem, reaktiven Arbeiten hin zur strategischen Ebene. UXler machen sonst nur Förderband-Arbeit in agilen Settings - gemäss dem Motto “Feed the Dev-Machine”.
Dass nicht alles nur strategisch sein muss, betont Irene Au, bestätigt aber in ihren Talk gleichzeitig Jared Spool. Als Venture Capitalistin und UXlerin ist sie daran interessiert Tech-Startups aber auch bereits etabliertere Firmen erfolgreich zu machen. Designer gibt’s in Startups weiterhin oft wenig oder keine. Falls Designer im Team sind, so sind sie oft nicht etabliert. Wer sich profilieren will, müsse in Firmen Champions aufbauen und soll da auch mal Cherry-Picking bei der Projektwahl betreiben. Nur was ist Cherry Picking anders als strategische Ressourcen-Allokation?
Direkt ins Business oder Designer:in bleiben/werden?
Mehr strategisch mitreden zu können, hat durchaus seinen Anreiz. Und wie in den Vorträgen erwähnt: Strategisch denken und mitarbeiten kann man auch als Designer. Aber auch in Zukunft wird jemand mit Nutzer:innen sprechen, GUIs konzipieren, testen und Firmen ohne genügend Nutzerzentrierung den Spiegel vorhalten. Der Unterschied ist im Selbstverständnis und in der Grundhaltung. Deshalb hier auch die Tipps für angehende Designer vom UX Nordic Fireside-Chat und aus weiteren Talks:
- Nicht blind Figma lernen, essenzieller ist Probleme erkennen, verstehen und lösen.
- Auf das erkannte Problem zugeschnittene Lösungen werden immer erfolgreicher sein. Wer nur einem Prozess folgt, wird auch nur für diesen Prozess benötigt und zu diesem Prozess befragt.
- Den Wert von UX zeigen - das bedeutet Ziele definieren, die erreicht werden können.
- Auf Projekte, auf denen es nichts zu gewinnen gibt auch mal verzichten.
- Flexibel bleiben. AI ist die grösste Veränderung für UX in den letzten Jahren - nicht nur als Tool, aber auch als Element, das es zu designen gibt und sicherlich nicht die letzte Veränderung, die wir erfahren werden. Vielleicht machen wir in 10 Jahren was komplett anderes.
- AI Verstehen - Diskussionen mit Data Scientists werden die neuen Diskussionen mit Devs und wenn man Morten Rand-Hendriksen (AI - now we’re talking) zuhört, so sprechen wir aktuell mit falschen Mental Models darüber, was AI-Tools heute so machen.
UX, Strategie & We Are Cube³
Als UX Consultancy ist der Blick in die Zukunft für uns zentral. Seit längerem bewegen wir uns im Space zwischen Innovation und Konzeption. Dabei hinterfragen wir auch auf Mandaten ohne strategischen Fokus die Einbindung einzelner Produkte in das grössere Ganze. Unser Ziel: Ihr Vorhaben zum Erfolg zu bringen und gleichzeitig Ihre Nutzer:innen zu begeistern. Wir bieten Begleitung bei der Konzeption von komplexen Applikationen in Zusammenarbeit mit Business und Technologie und geben Ihren Nutzer:innen eine Stimme, sowohl im Product Consulting als auch auf strategischer Ebene.